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Schulbücher oder was?

3 Minuten Lesezeit

Die Schulbücher sind tot! Es lebe ...?

Ein Tweet brachte die Diskussion über Schulbücher in Gang - sowohl auf Twitter als auch auf der Edunautika.

Es gab Zustimmung und Ablehnung. Meiner Meinung nach offenbarte die Diskussion aber eher ein anderes Problem - nämlich ein Verständnis- bzw. Definitionsproblem.

Was verstehen wir unter "Schulbücher"?

Wikipedia führt als Erklärung folgenden Satz an:
Ein Schulbuch ist ein Druckerzeugnis für die Hand des Schülers, das dazu dient, den Lehrplan eines Faches schulartbezogen in Zielen und Inhalten zu erfüllen.

Beispielhaft aus: § 1 Abs. 2 der Sächsischen Lernmittelverordnung vom 19. Juni 2017, SächsGVBl. S. 371.

aus Sicht einer Kultur der Digitalität stellen sich folgende Fragen:

  1. "Druckerzeugnis" - Warum ausschließlich gedruckt und damit einem veralteten Leitmedium verpflichtet?
  2. "Lehrplan" - Lehrpläne sind durch ihre langen bürokratischen Wege der Erstellung relativ unflexibel. Muss nicht die Lehrperson aus ihrem professionellen pädagogischen Handeln heraus aktuelle Inhalte ergänzen oder ersetzen können?
  3. "eines Faches" - strikte Fächereinteilung sollte im Sinne des Kompetenzerwerbs hinterfragt werde. (Hinweis: Unterrichtsfächer sind gemeint, nicht die Fachlichkeit) Wissensbestände miteinander zu verknüpfen, ist eine wichtige Aufgabe von schulischer Bildung, nicht das Fördern des "Schubladendenkens".
  4. "schulartbezogen" - Die Heterogenität, der wir als Lehrende Rechnung tragen müssen, bezieht nicht auf Schulformen (die imho generell zu hinterfragen sind), sondern auf die unserer Lernenden. Hier muss die Individualisierung ansetzen - für die Schülerinnen und Schüler!
  5. "Ziele[] und Inhalte[] [...] erfüllen" - individuelle Ziele, Inhalte, aber auch Methoden und Wege müssen Berücksichtigung finden.

Der Begriff des Schulbuchs ist meiner Meinung nach veraltet, weil er ein Medium fest in Schule verankert, das nicht mehr zeitgemäß ist.
Es braucht statt eines Buches, in dem Inhalte auf Jahrzehnte für Unterricht festgeschrieben werden, andere Formen.
Es sollten flexible Materialsammlungen, kuratiert durch Lehrpersonen und auch durch Lernende entstehen, die den Lehr-Lernprozess individualisiert begleiten und unterstützen.

Ergänzung:

Bücher sind wunderbar. Ich möchte keineswegs dafür plädieren, Bücher abzuschaffen.
Allerdings sind sie als langfristiges, begleitendes schulisches Arbeitsinstrument in einer Kultur der Digitalität weniger gut geeignet als

Materialsammlungen.

Diese neue Art der "Schulbücher" (wir brauchen dringend einen Begriff dafür ;)) verlangt von den Lehrpersonen ein hohes Maß an Verständnis für Digitalität. Gerade die Aspekte von Gemeinschaftlichkeit, Referentialität und Algorithmizität spielen im Lehr-Lernkontext eine immer größere Rolle. Dies müssen Materialien, die für diese Anwendungen gedacht sind, widerspiegeln und ermöglichen.

In diesem Sinn zeigten auch die vielen Reaktionen auf den Tweet ein gemeinsames Verständnis für die Rolle der "Schulbücher".
Wir, die Lehrenden, sehen die neuen Herausforderungen. Viele sind auf der Suche und reichern die Schulbuch-Gutenberg-Galaxis mit digitalen Beiträgen an. Lehrkräfte sind also schon dabei die "Schulbücher" neu zu definieren.

Warum aber Unmengen an Schulbüchern drucken, die in den einzelnen Situationen immer nur teilweise/kapitel- bzw. themenweise genutzt werden? Warum nicht flexibler agieren?

Ich würde mich daher fragen: Ist das ein "neues Schulbuch" oder kann das weg? ;)

Wir brauchen neue Begriffe! Nicht nur für Schulbücher!