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Schule hacken? Lernen hacken!

4 Minuten Lesezeit

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In den letzten Tagen kochten die Diskussionen auf Twitter hoch.
Anlass ist der 2. #wirfürschule-Hackathon.
Ich war im letzten Jahr dabei. Aus diesen Erfahrungen resultierend wollte ich mich nicht wieder engagieren. Ich war auch zu müde, um an diesen Diskussionen teilzunehmen. Bis ich mich dann doch verpflichtet fühlte, auf einen Tweet zu reagieren:

Nun stört mich wiederum meine geäußerte Kritik - denn sie macht auch durchaus positive Erkenntnisse der Teilnahme nicht sichtbar und bietet auch keine Alternative.
Das will ich hiermit ändern. Hier also meine 2 Anmerkungen:

positive Erkenntnisse aus der Teilnahme:

Ich habe viele engagierte Menschen kennengelernt. Austausch war zahlreich, sicher sehr hektisch innerhalb der Slack-Kanäle (auch eine Erfahrung), aber auch motivierend und einigen wenigen Fällen sehr positiv und über die Zeit hinaus tragend.
Als einen weiteren positiven Aspekt habe ich im Nachhinein die Vorgehensweise des Hackathons empfunden. Diese Einblicke in die Abläufe fand ich für mich sehr interessant - nicht immer im positiven Sinn, aber eben lehrreich. Manchmal ist es auch hilfreich, zu sehen, wie etwas nicht funktionieren sollte. Daraus kann man viel lernen - Stichwort: Fehlerkultur. ;)

Alternative

Nun ist es nicht gut, nur zu meckern - was würde ich also anders machen? Wo sehe ich Chancen?

Das Anliegen, Schule verbessern zu wollen, ist eines, das offensichtlich breite Resonanz in der Gesellschaft findet. Viele Akteure lassen sich aktivieren.
Ich finde trotzdem, dass der Ansatz der Verbesserung der Lernprozesse der bessere wäre.
Schule als Institution und Organisation existiert in sehr eng vorgegebenen Strukturen. Es sollte erst im zweiten Schritt darum gehen, diese Strukturen zu ändern bzw. vollziehen sich diese Veränderungen als Ergebnis der Umgestaltung der Organisation der Lernprozesse.

Grundlage aller Veränderungsprozesse ist das Verständnis, wie Lernen in der Kultur der Digitalität (vgl. Stalder, 2016) ablaufen kann, welche Veränderungen jetzt angestoßen und umgesetzt werden müssen.
Da Schulen als Netzwerkknoten in dieser Bildungslandschaft funktionieren, sollte auch darauf eingegangen werden, die einzelnen Netzwerkknoten zu entwickeln. In all ihrer Heterogenität.
"Schule hacken" müsste also eigentlich heißen "Lernen hacken" und in jeder Schule, die sich beteiligen möchte, stattfinden.
Diese zentrale Woche, kann meiner Meinung nach auf Schulebene viel besser genutzt werden, um

Neben den Netzwerkknoten Schulen dürfen auch nicht die anderen bildungspolitischen Institutionen wie Landesinstitute, Schulämter und Bildungsministerin vergessen werden.
Denn hier sitzen diejenigen, die Strukturen vorgeben, die eine Veränderung/Weiterentwicklung der Lernprozesse an die Kultur der Digitalität behindern oder ermöglichen können. Sie müssten einbezogen werden in den Prozess des Lernen-Hackthons.
Am besten wäre, wenn sie den "Lead" übernehmen. Denn hier - auf dieser institutionellen Ebene muss der "Change" verstanden werden. Hier muss sich die Ermöglichungskultur etablieren und endlich die Verhinderungspolitik verdrängen.
Hier muss begriffen werden, was hinter den Begriffen Referentialität, Algorithmizität und Gemeinschaftlichkeit und deren Bedeutung für die Bildung steht.

Wir sollten Bildung also von staatlicher Seite aus zukunftsorientiert gestalten. Inhalte, Fortbildungen, Arbeitsabläufe - Strukturen müssen in jeder Hinsicht flexibilisiert, weniger hierarchisch und stärker vernetzt entwickelt werden.
Daran können viele Akteure beteiligt werden, denn viel Unterstützung ist notwendig. Wichtig ist, dass sich Akteure beteiligen, nicht aber das System gestalten. Sie werden entsprechend der unterschiedlichen Bedarfe und Herausforderungen angefragt, einbezogen und beteiligt.
Der Aspekt des Leadership fehlt mir im Moment. Der ist nicht vorhanden - auf allen Ebenen nicht. Deshalb auch dieser starke Druck aus kommerzieller Seite, denn hier stößt man in ein freies Feld und sieht die eigenen Chancen.

Das Bildungssystem kann der #wirfürschule Hackathon nicht verändern. Das scheint ja noch nicht einmal auf Bundesebene geleistet werden zu können - dank der föderalen Struktur.
Die klare zukunftsorientierte Ausrichtung - die nicht auf Bewahrung und Verstärkung einer konservativen pädagogischen Haltung, die auf starker Wissensvermittlung fokussiert, ausgerichtet ist, muss gesetzt sein. Das vermisse ich zur Zeit - eine klare Kommunikation, eine starke Haltung, eine eindeutige Position. Die fehlt - und das macht die Lage im Bildungsbereich schwierig.

Und Unternehmen im Bildungssektor können sich doch gern engagieren - sie können unterstützen. Gerade in dieser Zeit der Transformation ist eine breite Beteiligung wünschenswert. Sie können allerdings nicht bildungspolitische Strukturen verändern.
Das wir auf diesem Gebiet Nachholbedarf haben ist unbestritten, aber eine Frage, deren Antwort meiner Meinung nach nicht Unternehmen zusteht - auch wenn die Politik da gerade eine Leerstelle offen lässt.

Hier dazu ein, wie ich finde, treffendes Zitat aus einem wunderbaren Text von Felicitas Macgilchrist (absolute Leseempfehlung):

"Steuerungs- und Entscheidungsprozesse, die einer öffentlichen und demokratischen Diskussion unterzogen sein sollten, werden so zunehmend von Akteuren aus der Privatwirtschaft getroffen, da diese 'Gestaltung' versprechen."

Stalder, F. (2016). Kultur der Digitalität. Berlin: Suhrkamp.