StartchancenProgramm - Herausforderungen der systemischen Ebene
28.03.2025 4 Minuten LesezeitDas Startchancen-Programm – Chancen für Bildungsgerechtigkeit und die Herausforderung der systemischen Ebene
Das Startchancen-Programm (SCP) ist eines der ambitioniertesten Bildungsprojekte in der Geschichte Deutschlands mit der Option auf Fortführung und Erweiterung wie bei Jan-Martin Wiarda nachzulesen ist. (https://x.com/jmwiarda/status/1905317177407812020s=46&t=GFggu4Tio0ZiG5Bja8yaGw)
Mit einem Investitionsvolumen von 20 Milliarden Euro über zehn Jahre sollen rund 4.000 Schulen in herausfordernden Lagen unterstützt werden, um den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln und Chancengerechtigkeit zu fördern[2][3]. Doch während die individuellen und institutionellen Ebenen des Programms klar strukturiert sind, offenbart sich auf der systemischen Ebene ein komplexes Spannungsfeld, das dringend adressiert werden muss.
Die drei Ebenen des SCP
Das SCP wirkt auf drei Ebenen:
1. Individuelle Ebene:
Förderung der Schülerinnen und Schüler durch gezielte Maßnahmen wie Lernförderung und sozial-emotionale Unterstützung[6].
2. Institutionelle Ebene:
Unterstützung der Schulen mit besseren Infrastrukturen, Chancenbudgets und multiprofessionellen Teams[3][6].
3. Systemische Ebene:
Hier liegt die Herausforderung, die ich aus Sicht der Bildungsverwaltung und -administration als zentral ansehe:
Zusammenarbeit zwischen Schulträgern, Schulaufsicht, Kommunen und Ministerien sowie die Integration einer digitalen Kultur. Partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe in einer Kultur der Digitalität[1][4]. Dem Verständnis der Digitalität nach Stadler folgend, sollten von den Beteiligten bzw. den "Commoners", wie Stadler sie bezeichnet, "Institutionen [gebildet werden] ..., um die Nutzung einer Ressource langfristig gemeinsam zu organisieren." Denn "Commons [sind] nach innen gerichtete Formen, die primär durch und für die Mitglieder existieren." [9]
Dieses Verständnis sollte für die Beteiligten der systematischen Ebene handlungsleitend sein.
Herausforderung auf systemischer Ebene
Die systemische Ebene des SCP erfordert eine grundlegende Transformation. Bildungsadministration und -verwaltung sind oft noch in Strukturen des Industriezeitalters verhaftet, die schnelle, agile Entwicklungen erschweren.
Die Kultur der Digitalität – ein zentraler Aspekt moderner Bildung – wird häufig nicht ausreichend berücksichtigt[1][4]. Hierarchien sind bestimmend für Arbeitsabläufe. Die lange Zeit gepflegte und ausgebaute Bürokratie in diesen hierarchischen Strukturen ist ineffizient geworden. Durch ihre Größe hat sie sich verselbstständigt und ihre Regelwut ist nicht mehr effizient, sondern ist zur Schwäche geworden.
Die Herausforderungen bestehen einerseits darin, bestehende Strukturen in der Bilduzngsverwaltung und -administration zeitnah zu modernisieren. Andererseits dürfen diese Transformationsprozesse nicht die Umsetzung des Programms verzögern, die anderen Ebenen behindern.
Ansätze zur Überwindung der Blockade
Um das Potenzial des SCP auszuschöpfen, müssen folgende Schritte unternommen werden:
• Parallele Entwicklung:
Während das Programm auf individueller und institutioneller Ebene umgesetzt wird, sollten systemische Strukturen zügig modernisiert werden[1][3]. Ansätze dazu liefert zum Beispiel das Thesenpapier zur Schulaufsicht des Nationalen Bildungsforums 2025 [8].
• Pilotprojekte:
Testläufe mit neuen Verwaltungsstrukturen könnten als Vorbild für größere Veränderungen dienen[6]. Und über die föderalen Tellerränder zu schauen, von- und miteinander zu lernen und etwas zu entwicklen, sollte zur Selbstverständlichkeit werden.
• Digitalisierung:
Die Einführung datenorientierter Entwicklungszyklen und einer digitalen und effizienten Arbeitsweise könnte helfen, die Kultur der Digitalität zu etablieren[1][5]. Die KI hält Einzug. Da kann nicht erst an einheitlichen Kommunikationsstrukturen gebastelt werden!
• Vernetzung:
Stärkere Kooperation zwischen Schulen, außerschulischen Akteuren und Bildungsverwaltung ist entscheidend und muss unkompliziert und über Ressortgrenzen realisiert werden[3][4].
Fazit
Das Startchancen-Programm hat das Potenzial, Bildungsgerechtigkeit in Deutschland nachhaltig zu fördern. Doch um wirklich erfolgreich zu sein, muss es über die Schule hinaus wirken und eine Transformation auf systemischer Ebene anstoßen. Es braucht Mut zur Veränderung, innovative Ansätze und eine klare Vision für eine digitale Zukunft. Nur so kann das SCP langfristig wirken – nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, nicht nur für die jeweilige Einzelschule, sondern für das gesamte Bildungssystem über die Programmgrenzen hinaus.
Quellen:
[1] [PDF] Kompendium für Schulen zur Verwendung des Chancenbudgets im ... https://bildung.rlp.de/fileadmin/user_upload/startchancen.bildung.rlp.de/Downloa ds/2024-08-06_Kompendium_Schulen_SCP-Chancenbudget.pdf
[2] Startchancen- Programm an Schulen - Bundesregierung.de https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/startchancen-programm- 2225074
[3] Startchancen-Programm - BMBF https://www.bmbf.de/DE/Bildung/Schule/Startchancen-Programm/startchancen- programm_node.html
[4] Fragen und Antworten zum Startchancen-Programm - BMBF https://www.bmbf.de/SharedDocs/FAQs/DE/startchancen-faq.html
[5] Startchancen-Programm: Das sieht das Sondierungspapier vor https://deutsches- schulportal.de/bildungswesen/startchancen-programm-was- hilft-benachteiligten- schuelerinnen-und-schuelern-wirklich/
[6] Materialien für Startchancen-Schulen - Bildungsportal NRW https://www.schulministerium.nrw/materialien-fuer- startchancen-schulen
[7] Das Startchancen-Programm: Los geht's - Wübben Stiftung https://www.wuebben-stiftung-bildung.org/das-startchancen-programm- los- gehts/
[8] Thesenpapier des Nationalen Bildungsforums - https://nationales- bildungsforum.de/wp-content/uploads/2024/10/NBF_Thesenpapier_2024_2.pdf
[9] Stalder, F. (2016). Kultur der Digitalität. Berlin: Suhrkamp.